Selzer-Brunnen, Karben

Von Andreas Christopher

Der Taunusrand nördlich und westlich von Frankfurt ist reich an Mineralquellen. Zahlreiche Quellen werden heute noch von teils sehr bedeutenden Brunnenbetrieben genutzt und daraus Limonaden und Mineralwässer produziert: Schwalheim bei Bad Nauheim, Grund-Schwalheim bei Echzell, Rosbach v.d.H., Karben, Bad Vilbel, Bad Soden a.Ts., Weilbach etc.

In Karben gab es einst vier Mineralbrunnen. Der bedeutendste war der Selzer-Brunnen, gelegen zwischen Groß-Karben, Kloppenheim und Okarben. Möglicherweise wurde er bereits zur Zeit der römischen Besatzung von den Römern genutzt. Schriftlich nachgewiesen ist die Existenz des Brunnens ab 1331. Im Jahre 1716 ging er in den Besitz der Burg Friedberg über, welche die Brunenanlage faßte und einen Brunnenverwalter einstellte. Gegen eine Gebühr wurde das Wasser an Mineralwasserhändler abgegeben, die es in der Umgebung und in Frankfurt absetzten. Im Jahre 1816 ging der Besitz der Burg Friedberg auf das Großherzogtum Hessen über, welches die Brunnenanlage zunächst verpachtete.

Im Jahre 1862 erwarb Freiherr Ludwig von Leonhardi den Selzer-Brunnen und führte den Mineralwasserversand zunächst selbst durch, verpachtete diesen aber 1868 an Peter Weitzel, 1877 dann an die Deutsche Wasserwerks-Gesellschaft. Einer der Gesellschafter der DWG war Adolph Laurenze, der ab 1882 den Selzer Brunnen führte und zu einer Blüte brachte.

Nach dem Tod von Laurenze gelangte die Brunenanlage 1916 an Fritz Roll. Bedingt durch den Ersten Weltkrieg und die wirtschaftlich schwierigen Jahre danach ging es mit dem Mineralwasserabsatz aber bergab. Anfang 1929 verpachtete Leonhardi die Brunnenanlage an die Firma Selters-Sprudel Augusta Victoria GmbH in Löhnberg, und genau zehn Jahre später ging die Brunnenanlage in den Besitz der Löhnberger Firma über.

Im Jahre 1971 wurde der Selzer-Brunnen von der Bad Vilbeler Urquelle erworben. 1988 entstand eine Rohrleitung zwischen den Selzer-Brunnen in Karben und Bad Vilbel, so daß 1993 der Betrieb des Selzer-Brunnens eingestellt wurde und das Mineralwasser nun in Bad Vilbel bei der Hessen-Quelle und ab 1998 bei der Hassia abgefüllt wird. In das Betriebsgrundstück in Karben zog 1996 die Rapp's Kelterei ein, die dort ihre eigenen Markenprodukte herstellt. Auch die Heißabfüllung der Bizzl-Getränke erfolgt in Karben.

Oberursel-Motorlok (aus: Kunz, s.u.)

Unter dem Pächter Adolpf Laurenze entstand etwa um das Jahr 1900 ein Gleisanschluß zum Bahnhof Groß-Karben der Main-Weser-Bahn, der neben dem Selzer-Brunnen auch der benachbarten Dögel-Mühle diente. Im Jahre 1906 wurde für den Anschlußbahnbetrieb von der Motorenfabrik Oberursel eine Motorlokomotive an den Selzer-Brunnen geliefert, welche von den Angestellten als "Lokomobil" bezeichnet wurde. Zu dieser Zeit wurden pro Jahr bis zu 3,5 Millionen Gefäße (Krüge und Flaschen) mit Mineralwasser versandt. Die Anschlußgleisanlage war für einen Absatz von rund 10 Waggons pro Tag ausgelegt. Der Gleisanschluß bestand noch nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis wann genau, konnte bisher noch nicht ermittelt werden.

  Lageplan Selzer-Brunnen mit Anschlußbahn

Lokliste des Selzer-Brunnens (N)

B-bm  Oberursel  /06  10 PS, Kettenantrieb, gel. an Hoflieferant Selzerbrunnen Laurenze & Cie, Groß Karben/Hess. (LV)

Quellen:
Kunz, Stefan: Karben und die Geschichte seiner vier Mineralbrunnen, Karben 2000
Oberursel-Werbeprospekt
Kartenausschnitt (Stand 1915): Horst Hansel
 
 

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